*sitzt auf der Märchencouch und hält Ausschau nach dem heutigen Gast*
Hm… heute sollte eigentlich…
*wirft einen Blick auf die Gästeliste*
… ja, Timothy Somersby sollte heute dabei sein.
*kommt abgehetzt reingerauscht*
Oh Mann, hey! Bin ich zu spät? Sorry! Hab noch voll Gas gegeben, aber da war so’n Fall, den Calvin lösen wollte und… woah! Das is ne coole Couch! Rückt mal’n Stück!
*streift sich die Schuhe mit den Fersen ab und hockt sich in die Mitte, wo er seine Beine zum Schneidersitz verschränkt*
*rückt zur Seite und hebt irritiert eine Augenbraue*
Schön, dass du es doch noch zu uns geschafft hast, Timothy aus dem Hause Gryffindor.
*rückt ebenfalls ein Stück zur Seite und beobachtet den Gast*
Willkommen auf unserer Märchencouch. Wir sind gespannt, was du uns heut mitgebracht hast.
*winkt ab*
Is doch Ehrensache! Ich steh voll auf das Märchenzeugs. Meine Oma hat mir früher immer welche vorgelesen. Von den Grimms, Andersen, Hauff, Blechstein…
*räuspert sich*
Bechstein.
Ja, der auch.
*lacht leise*
Offensichtlich auch so ein kleiner Märchennerd wie wir beide.
Also, was hast du uns heute mitgebracht?
‘n Märchen. Klar.
*grinst breit*
Das wird mega, passt auf! Ach ja, hab das Buch im Schlafsaal liegen lassen, aber ich krieg das auch so hin. Bin ja nich umsonst in der Theater-AG. Wo Calvin einen mit den Texten echt triezen kann… Also…
*hebt theatralisch die Hände und bemüht sich etwas mehr um seine Aussprache, wie Levi ihm geraten hat*
Da war einmal ‘n Typ mit zwei Söhnen. Und wie’s oft so ist, war der Ältere clever und hatte ordentlich was in der Birne. Der Jüngere war’n richtiger Vollpfosten und mit Lernen hatte der’s auch nicht grade. Der war so hohl, dass der Vater von allen bemitleidet wurde. Immer wenn es was zu schuften gab, durfte der ältere Sohn ran. Nur, wenn er in der Nacht irgendwelche Aufträge bekam und er dafür an gruselige Orte, wie durch den Friedhof laufen, musste, da kam der Jüngere zum Einsatz.
In den meisten Märchen sind ja die jüngeren Geschwister die cleveren. Dieses ist Mal anders, wobei ich mich frage, warum sie den Jüngeren nicht generell schuften lassen, wenn er eh nicht so viel im Kopf hat.
Ich schätze mal, sie fürchten, dass er hinterher noch mehr Arbeit verursacht. Wer weiß, was der jüngere Sohn schon alles vermurkst hat.
Sicher einiges, aber der war echt krass drauf! Wenn andere sich Horrorgeschichten am Lagerfeuer erzählten und die dann sagten, es würde sie gruseln, konnte der jüngere Sohn so gar nix damit anfangen. Der fürchtete sich einfach nicht! Deshalb glaubte der Dude, sich zu gruseln wär auch ne Kunst, von der er nichts verstand. Eines Tages wollte der Vater dann so’n ernstes Gespräch über die Zukunft führen und das auch der Jüngere was lernen muss und so. Was sagte der Dummbatz? Er will lernen sich zu gruseln!
*lacht*
Dazu muss ich sagen, dass es tatsächlich Menschen gibt, die sich einfach nicht gruseln. Meist ist es ja grade bei so Muggelfilmen gewollt, dass man sich erschreckt, aber die sind eigentlich gar nicht so gruselig. Ich würde ja sagen, dass der jüngere Sohn nicht unbedingt dumm ist, sondern einfach mutiger als der ältere Sohn.
Wie’n Gryffindor, was?
*lächelt milde*
Es gibt auch mutige Menschen, die nicht Gryffindor zugeteilt werden.
Der Hut hatte auf jeden Fall’n Volltreffer. Ich stell mich jeder Herausforderung!
*grinst breit*
Das, was der Typ von sich gab, war aber voll am Thema vorbei und das erzählte der alte Herr dann auch dem Küster, als der zu Besuch kam. Oh hey, da fällt mir ein, dass ich früher als Knirps mal dachte, das’n Küster was mit Küssen zu tun hat! Fand ich voll eklig. Und dann war ich verwirrt, wen der Kerl da alles küssen soll…
*unterbricht den Redefluss mit einem weiteren Räuspern*
Aber nun bist du schlauer und weißt, dass ein Küster ein Kirchendiener ist.
*zwinkert*
*lacht leise*
Ein interessanter Gedankengang, den Küster zu jemand zu machen, der so ziemlich das Gegenteil von dem ist, was er eigentlich ist.
Oh, ja klar. Der Küster wollte dann schlau sein und riss den Mund ganz schön weit auf, dass er dem Bub das schon beibringen will. Das Gruseln. Der ging dann täglich zum Küster, um seine Glocken zu läuten.
*grinst schief*
Ähm… das klingt schräg.
*hustet*
Und weiter?
Warte, er will ihn zum Gruseln bringen durch das Läuten von Glocken? Den Trick will ich auch erfahren!
Ja, der wollte ihm einen Streich spielen, was ich mega finde, aber ihr werdet gleich sehn, was er davon hatte! Der weckte den Jungen um Mitternacht und schickte ihn zum Läuten in den Kirchturm. Dann schlich der Küster heimlich voraus und machte auf Nachtgespenst, ganz in so’n weißen Fetzen gehüllt. Er reagierte gar nicht, als er angesprochen wurde. Da drohte der Dumme, er würde ihn die Treppe runterwerfen, wenn er nicht endlich den Mund aufmachte. Der Küster nahm die Worte aber nicht für voll. War’n Fehler. Als er zum dritten Mal nicht auf den Jungen reagierte, schmiss der ihn wirklich die Stufen runter. Der hielt ihn nämlich für’n Bösewicht. Danach machte er seine Arbeit und legte sich pennen.
Okay, jetzt wird das Märchen richtig schräg. Einerseits kann ich verstehen, dass er sich vor so einem Typ unter einem Laken einfach nicht gruselt, aber das er den dann einfach die Treppe runter schubst, finde ich ein bisschen übertrieben.
D, hier haben wir auch deine Lieblingszahl!
Stimmt, absolut magisch, die Zahl Drei! Doch dieser Junge hat echt nicht mehr alle Droobles in der Tüte!
Genau, der hat nich mehr alle Tassen im Schrank… nich mehr alle Latten am Zaun… nich mehr alle Nadeln an der Tanne… Nich mehr…
Ist gut jetzt!
Es gibt so viele schöne Ausdrücke für jemanden, der durchgeknallt ist! Ok, ok. Am nächsten Morgen stellte die Frau des Küsters ihn zur Rede, fand ihren verletzten Mann, der sich bei der unsinnigen Aktion ein Bein gebrochen hatte, und beschwerte sich beim Vater des Jungen. Der warf ihn aus Scham zu Hause raus und drückte ihm 50 Taler in die Hand, damit er verschwindet. Was er glatt machte. Wenn das bei meinem bekloppten Bruder auch so leicht gehn würde…
*seufzt*
Glaub mir, so nervig Geschwister sein können, so wichtig sind sie für einen.
*klopft dem Gast aufmunternd die Schulter*
Tobias? Never! Der is die Pest auf zwei Beinen! Der Dumme lief nun durch die Gegend und murmelte ständig vor sich hin, dass er sich gruseln möchte. Das hörte ein Mann und riet ihm, sich nachts unter den Galgen zu setzen, wo sieben Männer aufgehängt wurden, weil die öhm… alle ein bisschen zu nett zu der Tochter des Seilers waren. Ums mal vorsichtig zu sagen. Die hatten Spaß. Da ging’s wohl richtig rund.
*hebt eine Augenbraue*
Wir haben das schon verstanden. Der Muggelberuf Seiler dürfte ausgestorben sein. Seile werden mittlerweile von Muggelmaschinen hergestellt. Da hat der Vater seine Handwerkskunst also gleich zur Rache eingesetzt. Was geschah dann?
Ob das Schreckensbild, das er dort sieht, als gruselig durchgehen kann, wage ich zu bezweifeln.
Der Dumme hockte sich auch gleich hin und versprach dem Mann sein ganzes Geld, wenn er sich auch wirklich fürchtet. Die Nacht kam und - aufpassen, gleich wird’s eklig! Also, dem Bub wurde echt kalt, sodass er ein Lagerfeuer machte. Durch den Wind baumelten die Gehängten gegeneinander und der Dumme verraffte das voll. Der dachte doch tatsächlich, dass denen auch kalt ist, holte alle vom Baum runter und setzte sie zu sich ums Feuer. Da fingen bald die Kleider an zu brennen und der Junge wurde mega sauer, weil die Leichen nicht aufpassen konnten und er keine Lust hatte, mit zu verbrennen. Der hat echt’n Lattenschuss!
Bei so viel Dummheit fehlen einem glatt die Worte.
*schüttelt ungläubig den Kopf*
*rollt mit den Augen*
Ich war auch noch nie ein Fan von Dummheit.
Tja. Weil die keine Zombies waren und halt nichts taten, hing er die wieder auf. Am nächsten Morgen kam der Mann vorbei, um sich seine Kohle abzuholen, aber nix gab’s! Der Ungegruselte zog weiter. Das nächste Mal hörte ein Fuhrmann das Gemurmel und führte ihn in ein Wirtshaus. Wo der Dude weitermurmelte. Da erzählte der Wirt von einem verwunschenen Schloss. Wenn der Dumme drei Nächte dort aushielt, könnte er die Prinzessin zur Frau haben, welche die Schönste weit und breit war, und echt viele Schätze kriegen, die von bösen Geistern bewacht wurden. Diese Quest hätten schon viele versucht, aber niemand sei lebend wieder rausgekommen. Klar, der Dumme wollt’s auch versuchen und erzählte das dem König. Aus welchen Gründen auch immer fand der ihn cool und so konnte der noch drei leblose Dinge aussuchen, die der Dumme mit ins Schloss nehmen durfte.
Ich ahne wohin das führt…
Auf jeden Fall zur magischen Zahl Drei! Da haben wir sie wieder, D!
Ich weiß ja nich, was ihr da so mitgenommen hättet, aber sicher nicht das, was der Dude haben wollte. Ein Feuer war das Erste, aber ist das wirklich leblos? Find ich jetzt nich. Das zweite Ding ist ne Drehbank und dann wollt der auch noch ne Schnitzbank mit nem Messer. Und spätestens jetzt ist klar, warum der dem König so sympathisch ist. Bis Drei zählen kann der nämlich auch nicht.
*grinst breit*
Stimmt, das sind eigentlich vier Dinge.
Also wenn man es ganz genau nimmt, sind es 3 Dinge, weil eine Schnitzbank ohne Messer ist einfach nur eine Bank.
So?
*lächelt schief*
Bei dem Feuer bin ich ähnlicher Meinung. Es ist nicht wirklich ein lebloses Ding, da es von Sauerstoff lebt.
Jo… so irgendwie schon, ne? Am Tag wurden die Sachen dann ins Schloss gebracht und der Dude setzte sich in der Nacht ans Feuer und beschäftigte sich mit Schnitzen. Da kamen zwei wilde schwarze Katzen, die er ans Feuer zum Aufwärmen ließ und die ihn danach zum Kartenspielen aufforderten. Weil die scharfe Krallen hatten und wohl bedrohlich genug warn, schraubte er die Pfoten an der Schnitzbank fest, schlug die armen Viecher tot und warf sie in den Teich. Aber damit hat er ganz schön was losgetreten! Plötzlich griffen von überall schwarze Hunde und Katzen an glühenden Ketten an, aber der Dude verteidigte sein Feuer und setzte sich mit dem Messer zur Wehr.
Ganz schön geschickt, wenn man bedenkt, dass seine eigene Familie ihm kaum etwas zutraut.
Der ist eben ziemlich mutig. Wie’n Gryffindor eben. Der Spuk hatte irgendwann ein Ende und er war echt müde. Da legte er sich in ein Bett, um zu chillen, aber das Ding wurde lebendig und fuhr wild im Schloss rum, bis der Dumme keinen Bock mehr hatte und sich direkt am Feuer zum Schlafen hinlegte. Ich hätt so’n verzaubertes Möbelstück ja echt witzig gefunden!
*grinst, denn das hätte er auch*
So wie er dort pennte, fand ihn am Morgen der König und war mega happy, dass der noch atmete. Dann haben wir nun die zweite Nacht. Da war ein ziemlicher Lärm und Gepolter zu hören. Zwei Hälften eines Mannes kamen den Kamin runtergepurzelt und setzten sich zusammen. Der Dumme gruselte sich nicht, sondern war eher verärgert, als der Untote sich auf seine Bank hockte. Das ließ er sich nicht gefallen und schob den grässlichen Kerl einfach weg. Plötzlich tauchten noch mehr davon auf, die mit neun Knochen und zwei Totenschädeln Kegeln wollten. Dummbatz wollte mitspielen, fand aber, dass die Schädel nicht rund genug waren, also formte er sie an seiner Drehbank rund und verzockte beim Spielen sogar etwas von seinem Geld. Als es Mitternacht schlug, verschwand alles. Wieder schlief er ein und wurde vom König am nächsten Morgen besucht, der es wohl kaum fassen konnte, wie cool der Dude geblieben war.
Seltsam, ich dachte immer, wenn es Mitternacht schlägt, beginnt die Geisterstunde erst.
Vielleicht gehen dort die Uhren anders.
*zuckt mit den Schultern*
In der dritten Nacht kamen sechs große Männer mit einem Sarg an. Und ratet mal…
*öffnet den Mund, um zu antworten*
*kommt dem jungen Mann zuvor*
Da lag jemand drin! Der Dumme raffte wohl nicht, dass es eine Leiche war. Oder er war halt einfach hohl. Jedenfalls meinte er, das wäre sein Vetter und versuchte die menschliche Hülle irgendwie zu wärmen. Schließlich legte er sich mit dem Toten ins Bett.
*verzieht das Gesicht*
Ernsthaft?
Wow, die Dummheit von dem Dude tut echt weh.
Jo! Ich sag ja, der ist schräg drauf. Da wurde der Vetter auch noch lebendig und drohte, dass er den Dummen nun erwürgen will. Das fand der natürlich nich so lustig, steckte ihn zurück in den Sarg, schloss den Deckel und ab ging die Post. Na, nich ganz. Aber die komischen Männer trugen den Sarg wieder raus und der Dumme jammerte wieder rum, dass er all das nicht gruselig fand.
*schüttelt den Kopf*
Was stimmt nicht mit ihm? Vom Offensichtlichen einmal abgesehen.
Wartet ab, jetzt wird’s noch spannender! Plötzlich kam der Endgegner! Ein riesiger Kerl, größer als alle anderen Spukgestalten, aber der war alt und hatte einen langen weißen Bart. Der wollte den Dummen killen, aber der forderte ihn heraus und meinte, er wäre stärker als er. Auf den Wettstreit ließ der Hüne sich ein und behauptete, den Dummkopf gehn zu lassen, wenn der gewinnt. Der Alte schlug an einer Schmiede mit einer Axt den Amboß mit nur einem Schlag in die Erde. Und jetzt war der Dumme gar nich so dumm! Er tat so, als würde er mitspielen, spaltete aber mit der Axt den Amboß und klemmte den Bart darin ein, sodass dieses Großmaul gefangen war. Und dann vermöbelte er den mit einer Eisenstange so lange, bis der ihm Reichtümer versprach. Kaum wurde er wieder befreit, zeigte er dem Jungen drei Kisten voll Gold. Eine sollte den Armen gehören, eine dem König und eine dem Dummen. Das Schloss war erlöst, die Prinzessin sollte ihn heiraten.
Das ist leider mal wieder typisch. Dieses arme Mädchen wird zur Trophäe degradiert.
Wenn sie klüger als er ist, nutzt sie die Gelegenheit und nimmt die Beine in die Hand.
Und der Dussel jammerte noch immer rum, dass er sich nicht gruseln könnte. Der jammerte sogar nach der Hochzeit noch, sodass seine Frau richtig genervt war. Ihr Kammermädchen hatte schließlich die zündende Idee und besorgte Gründlinge aus dem Bach.
Das sind Fische, vermute ich mal.
Ja, sind es und schmecken sehr nach Flussgrund.
Igitt!
Genau. Und nun kommt der Showdown! Als der dumme Königssohn nachts schlief, zog ihm seine Frau die Decke weg und das Kammermädchen schüttete einen Eimer Wasser mit den Fischen über ihn. Das musste ein Gezappel gewesen sein! Und endlich rief der Dude aus, dass es ihn gruselte! Hallelujah! Schluss mit dem Gejammer!
Eine schöne Art geweckt zu werden, ist das auch überhaupt nicht!
Und so heißt es wieder: Ende gut, alles gut.
*verbeugt sich und fällt dabei fast kopfüber von der Couch*
Der Vorhang fällt - ‘Tschüss Märchenwelt!’