Leise seufzte Maddison, während sie auf das Pergament vor ihrer Nase blickte. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nicht bemerkte, wie Carter Warren sich neben sie setzte. “Was ziehst du für ein Gesicht, Moore? Solltest du nicht über beide Ohren strahlen? Immerhin bist du auf dem besten Wege, Schulsprecherin zu werden! Ruhm und Ehre liegen vor dir...-” Der Junge brach ab, grinste frech. Einen Moment starrten die Schüler sich an, dann begannen sie zu lachen. “Du bist doof.”, komplimentierte Maddison ihren besten Freund, ehe sie wieder ernst wurde. “Aber darum geht es doch. Ruhm und Ehre. In meiner Familie waren alle Schulsprecher. Das wird von mir erwartet. Was, wenn ich scheitere? Ich meine - ich krieg ja nicht mal diese dumme Rede gebacken für die Wahl …” Ihre Stimme verlor sich und das Mädchen blickte ihren besten Freund verunsichert an. “Zeig mal her.”, meinte er und griff nach dem Pergament.

Liebe Schülerinnen und Schüler,

ich stehe heute hier als einer von euch. Als Schülerin. Als Teil dieser Gemeinschaft. Und genau darum geht es. Darum, die Gemeinschaft zu stärken und zusammenzuhalten. Freundschaften unter den Häusern sollten gefördert werden, Feindschaften eingedämmt. Natürlich - sportliche Rivalität im Wettkampf um den Quidditchpokal gehört dazu und sollte auch bleiben, doch alles in einem Rahmen, welcher die Gemeinschaft nicht zerstört, sondern stärkt. Ich rede von einem gestärkten Miteinander, davon auszubrechen aus alten Mustern und etwas Neues zu entdecken. Um das zu erreichen, denke ich an gemeinsame Gemeinschaftsräume, wo man sich treffen und spielen kann. Quatschen. Beisammensein. Ich denke aber auch an häuserübergreifende Events, gemeinsame Picknicke einmal im Monat im Sommer, gemeinsame Schneeballschlachten im Winter.

Doch nicht nur die Gemeinschaft möchte ich stärken, sondern auch das Band zwischen Lehrer- und Schülerschaft. Seid ihr nicht auch manchmal nervös, wenn ihr mit den Lehrern reden müsst, wenn ihr außerhalb des Unterrichts Fragen stellen wollt? Unsere Professoren sind auch nur Menschen und doch wird das oft vergessen. Ich möchte die Kommunikation zwischen Schülern und Lehrer verbessern, indem wir Sprechzeiten einrichten, gemütliche Abende mit Kakao, Butterbier und Keksen, um dem ganzen die Strenge zu nehmen und unsere Professoren für alle nahbar zu machen.

Warum ihr mich zur Schulsprecherin wählen solltet? Ich bin nicht nur eine von euch und Teil dieser Gemeinschaft, nein. Ich bin noch dazu zielstrebig und weiß, was ich will. Vor allem aber weiß ich, wie ich bekomme, was ich will. Ich lass mich in eventuellen Diskussionen mit unseren Professoren oder der Schulleitung nicht einfach abwimmeln, wenn es um das Wohl der Schülerschaft geht. Außerdem bin ich kommunikationsfähig und weiß, wie ich mich ausdrücken muss. Aber das in meinen Augen wichtigste ist - ich bin einfühlsam und sensibel. Jeder Schüler, egal welcher Jahrgangsstufe, kann mit jedem noch so kleinen Problem zu mir kommen. Ich habe für alles und jeden ein offenes Ohr und scheue mich auch nicht davor, bei der Suche nach einem entlaufenen Haustier zu helfen, bei den komplizierten Alte Runen-Hausaufgaben zu helfen oder meinen letzten Schokofrosch zu teilen, weil sich jemand schlecht fühlt und Trost braucht.

Ich bin eine von euch und als solche möchte ich Schülersprecherin werden. Als Stimme für jeden Einzelnen, als Stimme für die Gemeinschaft.

Eure Maddison Moore.

Nachdem er zu Ende gelesen hatte, blickte Carter seine beste Freundin an und grinste schief. “Also wenn du sie damit nicht umhaust, dann weiß ich auch nicht, Mad! Die Rede ist großartig.”, erklärte er und zwinkerte dem Mädchen zu, ehe sie sich auf den Weg zur Wahl machten, damit Maddison ihre Rede halten konnte.

Eine Wahl ohne Qual
„Reiß dich zusammen, Rupert!“, flüsterte er leise vor sich hin und versuchte seine Nervosität in den Griff zu bekommen. Je mehr Zeit verstrich, je näher die alles entscheidende Rede rückte, die der Junge im Begriff war zu halten, desto unruhiger wurde er. Dabei hatte er sich bereits seit Tagen darauf vorbereitet, was er der Schülerschaft mitteilen wollte. Zu kneifen war keine Option, denn dies würde ihm noch lange nachhängen. Mit einem tiefen Atemzug klopfte er sich auf die Oberschenkel und erhob sich, als er an der Reihe war. Gefühlt zu laut hallten seine Schritte durch den Raum. Hoffentlich sah niemand das verräterische Zucken seines Mundwinkels, während er versuchte, sympathisch zu lächeln und nicht verkrampft zu wirken. Gut sichtbar brachte er sich in Position und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Deutlich spürbar pochte das Herz in seiner Brust, als die vielen Augenpaare ihn fixierten und gespannt lauschten, während er seine Stimme erhob. Der erste Moment einer Rede war entscheidend, hatte seine Tante ihm eingebläut. Entweder fesselte man seine Zuhörerschaft von der ersten Minute an oder das große Gähnen folgte.

„Mein Name ist Rupert Johnson, aber das wissen die Meisten ja schon“, begann der Teenager mit viel zu hoher Stimme. Er räusperte sich und versuchte seine Stimmlage zu normalisieren. „Ich bin viele! Ich meine, ich bin euch alle… ähm… Hufflepuff, Slytherin und…“ Etwas kleines Hartes traf seine Stirn, prallte ab und landete kullernd auf dem Boden. Vereinzelt erklang ein Kichern. Verwirrt folgte sein Blick einem pinkfarbenen Drooble, dem Lieblingskaugummi seines besten Freundes, der ihn motivierend angrinste. Dankbar für diese Unterbrechung sammelte Rupert sich und setzte erneut an.

„Was ich eigentlich zum Ausdruck bringen möchte ist: Wählt ihr mich, vertrete ich als künftiger Schulsprecher jedes Haus auf gleicher Ebene. Mutig wie Gryffindor trete ich für eure Anliegen ein, hilfsbereit wie Hufflepuff steht meine Tür für jeden offen, mit Köpfchen und Erfahrung unterstütze ich euch wie Ravenclaw mit Rat und Tat und wie Slytherin begleite ich euch loyal und ehrgeizig in meinem letzten Schuljahr. Seht in mir einen Freund, der weiß, wie der Hase durch Hogwarts‘ Flure läuft. Ihr wisst, die Vertrauensschüler können euch nicht alles durchgehen lassen, deshalb bin ich sehr dafür, aufkeimende Eskapaden in eine kreative Richtung zu lenken und euch coole Events zu ermöglichen, die ihr mitgestaltet und von denen ihr noch euren Enkeln erzählen könnt. Ich möchte einen Vorschlagskasten anbringen, wo ihr eure Ideen einwerfen dürft. Diese sollen einmal im Monat in einem Schülertreffen diskutiert werden. Darüber hinaus brauchen wir mehr Möglichkeiten, um eine Balance zwischen dem stressigen Schulalltag und unserer Freizeit zu finden. Dabei stehen mir Ausflüge im Sinn, weitere sportliche Aktivitäten, die auch Muggelsportarten einschließen sollen, sowie die Gründung neuer Clubs und das Stärken der bestehenden Angebote. Klingt gut? Dann bin ich euer Mann!“, endete Rupert zwinkernd, gefolgt von einem breiten Lächeln.

Während seiner Ansprache hatte die Nervosität nachgelassen und seine Worte waren ihm nicht länger unkontrolliert entschlüpft, sodass er sehr zufrieden mit sich sein konnte. „Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit“, fügte der Schüler noch hinzu, ehe er sich wieder auf seinen Platz begab, um den Weg für den nächsten Kandidaten freizumachen. Sein bester Freund stupste ihm mit dem Ellbogen in die Seite und zeigte einen erhobenen Daumen. Im Nachhinein betrachtet war es gar nicht so schwierig gewesen, seine Punkte zu vermitteln, die ihm am Herzen lagen. Nun hieß es, darauf zu hoffen, dass ihm die Chance geboten wurde als engagierter Schulsprecher ein wichtiger Teil dieser Schule zu werden, die er nach seinem Abschluss aufs Schmerzlichste vermissen würde.